- Stadtarchiv Schwerin - MG Gesundheitsamt Signatur: MG Bestandsbildner:I. Registraturbildnergeschichte
I.1. Gründung un [...]I. Registraturbildnergeschichte
I.1. Gründung und Standort
a) Gründung
Das ,,Staatliche Gesundheitsamt für den Stadt- und Landkreis Schwerin" wurde im Jahre 1935 gegründet. Es unterstand dem Mecklenburgischen Staatsministerium, Abteilung Medizinalange-legenheiten, welche unter der Leitung des Ministerialrates Dr. med. Marnung stand.
b) Unterbringung
Ursprünglicher Sitz war die Augustenstr. 6 I. Am 1.4.1938 erfolgte der Umzug in die Lübe-ckerstr.11. Hierbei handelte es sich um ein staatliches Gebäude mit 3 Geschossen. Im Oberge-schoß befanden sich die Büroräume, Untersuchungs- und Wartezimmer mit den umfangreichen Karteianlagen. Die Zimmer der Gesundheitspflegerinnen, das Laboratorium, sowie die Räume für die Säuglingsfürsorge befanden sich im Erdgeschoß. In einem extra Stockwerk befand sich die Tuberkulosefürsorge.
I.2. Zuständigkeiten
a) Einwohner: Stadt Schwerin 55.473
Schwerin Land 39.174
insgesamt: 94. 647 (1935)
b) gerichtsärztliche Zuständigkeit:
Amtsgerichte: Schwerin, Crivitz, Gadebusch
Landgericht: Schwerin
Sondergericht: Schwerin
Oberversicherungsamt: Schwerin
c) gebührenfreie Sonderfürsorgeaufgaben:
- Stellungnahmen zu Kinderverschickungsanträgen,
- Gutachten über Körperbehinderte und Beschädigte zur Gleichstellung mit Schwerbeschädigten,
- Überprüfung der Arzneiverordnungen.
d) Familienfürsorge:
- bis 1939 nur im Landkreis gesichert, da für den Stadtkreis Gesundheitspflegerinnen fehlten,
e) Beratungsstelle für Erb- und Rassenpflege:
Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen hatte jedes Gesundheitsamt mindestens eine Beratungs-stelle zu führen. Diese hatte die folgenden durch Gesetz übertragenen Aufgaben zu erfüllen.
aa) Durchführung des Ehegesundheitsgesetzes, in Verbindung damit der §§ 3 und 6 der Ersten Verordnung zur Ausführung des Gesetzes zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre und die Mitwirkung bei der Durchführung des Gesetzes über die Förderung der Eheschlie-ßung,
bb) ärztliche und erb- und rassenpflegerische Mitwirkung bei der Einbürgerung, der Siedleraus-lese, der Annahme an Kindesstatt und bei der Durchführung der Verordnung über die Gewährung von Kinderbeihilfen,
cc) Durchführung des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses,
dd) Beratung von Volksgenossen und deren Familien in allen Erb- und Rassenfragen,
ee) Zusammenarbeit mit allen anderen Stellen, welche erb- und rassenpflegerische Aufgaben er-füllen, insbesondere mit den Ärzten des Amtes für Volksgesundheit der NSDAP,
ff) Durchführung der Erbbestandsaufnahme:
Diese war das Sammeln und Ordnen aller Untersuchungs- und Ermittlungsergebnisse, welche für die Beurteilung der erblichen und rassischen Beschaffenheit der Sippen und ihrer einzelnen Mit-glieder von Wert waren. Die Erbbestandsaufnahme umfaßte die Gesamtbevölkerung, war aber i.d.R. auf die Personen und deren Verwandte beschränkt, an denen Maßnahmen der Erb- und Rassenpflege durchgeführt wurden. Zu diesem Zweck wurde eine Erbkartei und eine Sippenre-gistratur angelegt, wobei beide im Zusammenhang einen schnellen Zugriff auf die zur Person gespeicherten Daten ermöglichten.
Die ERBKARTEI als Zentralkartei des Gesundheitsamtes diente dem Nachweis aller Personen die durch Untersuchungen, Beratungs- oder Ermittlungstätigkeit des Amtes betreut wurden, oder über die bei anderen Dienststellen Tatsachen bekannt waren, die Auskunft über die erbbiologi-schen oder rassische Beurteilung der Person und ihrer Sippe gaben. Die Erbkartei besteht aus Wohnort- und Geburtsortkartei.
Die Wohnortskartei wurde für alle Personen angelegt, über die das Gesundheitsamt Untersu-chungs- und Ermittlungsergebnisse erhoben hat, welche für spätere gesundheitliche und erb- und rassenpflegerische Beurteilungen verwertbar waren, z.B. auch Angaben der Tuberkulosenfürsor-ge. Auch aus den Sippentafeln wurden die Angaben über Eltern und Kinder sowie über andere Sippenangehörige mit besonderen Merkmalen regelmäßig verkartet. Die Kartei wurde alphabe-tisch nach dem Geburtsnamen sortiert. Für früher geführte Familiennamen wurde eine Hinweis-karte an entsprechender Stelle eingefügt. Zur Vermeidung von Falschsortierungen wurde Links der Erste und Rechts der Zweite Buchstabe des Namens eingekerbt. Weiterhin war auf der Kar-teikarte die Nummer der Sippenakte vermerkt.
Die Geburtsortkartei umfaßte alle Personen, die im Zuständigkeitsbereich des Gesundheitsam-tes geboren waren. Die Geburtsortkarte wurde von dem Amt angefertigt, in welchem sich der Wohnort befand, und dann dem Amt zugesandt, welches für den Geburtsort zuständig war. Bei jedem Wechsel des Wohnortes wurde die Geburtsortkartei verschickt, so konnte sich niemand dem System entziehen, da jeder Wechsel bei Aufsuchen eines anderen Gesundheitsamtes sofort gemeldet wurde. Im Gesundheitsamt wurden die Karteikarten nach Geburtsgemeinden alphabe-tisch sortiert.
Die SIPPENREGISTRATUR bestand aus den einzelnen Sippenakten und gab Auskunft über alle für die Beurteilung einer Sippe notwendigen Tatsachen. Grundstock war die Sippentafel. Sie wurde jeweils für eine Familie, d.h. Eltern, Kinder sowie Geschwister der Eltern und Großeltern angelegt. Gründete ein Sippenangehöriger eine eigene Familie, wurde für diese wieder eine eige-ne angelegt. Im Gegensatz zur Kartei wurde die Tafel zunächst nur für folgende Fälle angelegt:
- Eheberatung,
- Antrag auf Unfruchtbarmachung,
- Begutachtung der Bauernsiedler.
Darüber hinaus sollten sie angefertigt werden, wenn irgendwelche Erbkrankheiten oder sonstige Auffälligkeiten vorlagen. Zur Aufstellung der Sippentafel wurde zuerst ein Sippenfragebogen vom Prüfling ausgefüllt, bzw. die Sippentafel gleich von ihm ausgefüllt. Zur Sippenakte wurde die Sippentafel, wenn für die Angaben objektive Belege hinzugefügt wurden, wie z.B. Schul-zeugnisse, Strafregisterauszüge, Krankengeschichtsauszüge, Befunde, Antragsformulare. Sippen-tafel und Sippenakte wurden unter der gleichen Nummer fortlaufend nach Anlage abgelegt. Die Seiten der Akte waren zu foliieren und weiterhin noch Verweise auf andere Akten (Erbgesund-heitsgericht, Fürsorge, andere Sippentafeln) anzubringen.
f) Durchführung der Seuchenbekämpfung und Ortshygiene:
- Listen über ansteckende Krankheiten, Bazillenträger und Dauerausscheider,
- Überwachungsmaßnahmen,
- Anstellung eines Gesundheitsaufsehers (fehlt beim Stand 1939),
- Überprüfung der Desinfektionsgeräte (Geräte gehörten den Städten und Kreisen) und Einhal-tung der Desinfektionsanordnungen,
- Aufzeichnungen über die hygienischen Verhältnisse, Notstandsgebiete u.a..
g) Mütterberatung ; Säuglings- und Kleinkindfürsorge
Die Neugeborenen wurden durch die Hebammen und Kreisfürsorgerinnen gemeldet.
Die Gesundheitspflegerinnen, Hebammen und NS-Gemeindeschwestern überwachten die Für-sorge durch die Mutter und die Betreuung der Pflegekinder.
Schwerin: wöchentliche Sprechstunden durch einen Facharzt in den Räumen des Gesundheitsam-tes,
Crivitz und Gadebusch: monatliche Sprechstunden durch den Amtsarzt im Krankenhaus oder in der Sprechstelle der NSV,
Rastow und Ülitz: monatliche Sprechstunden durch den Amtsarzt in den Schulen.
h) Schulkinderfürsorge und Schulzahnpflege
3 nebenamtliche Schulärzte untersuchten den 1,4 und 8 Jahrgang in sämtlichen städtischen Schu-len. Die Landschulen wurden durchschnittlich alle 2 Jahre vom Amtsarzt untersucht. Schulärztli-che Sprechstunden fanden nur im Stadtkreis statt. Sonderschulfürsorgerinnen waren ebenfalls nur im Stadtgebiet tätig. Schulzahnärztliche Untersuchungen fanden nur im Stadtgebiet durch Vertrag mit der Kassenärztlichen Vereinigung statt und im Landkreis dagegen nur im Rahmen der schulärztlichen Untersuchungen.
i) Tuberkulosenfürsorge
Die Tbc-Fürsorgestelle wurde von einem Facharzt geleitet und befand sich im Gesundheitsamt. Die Erfassung erfolgte aufgrund des Meckl.-Tbc-Gesetzes, durch Meldungen der Kreisfürsorge-rinnen, Gemeindeschwestern und durch die Erkrankten selbst. Sie erfolgte durch die Führung eines Tuberkulinkatasters (Pirquet). Die Überwachung wurde durch regelmäßige Ladungen ge-währleistet. Die Tbc-Stelle verfügte über eine eigene Röntgeneinrichtung. Der Auswurf wurde, durch Personalmangel begründet, nicht untersucht (Stand 1939). Ebenfalls war eine Blutabsen-kungseinrichtung zur Diagnoseführung vorhanden.
j) Geschlechtskrankenfürsorge
Da in Mecklenburg hierfür 3 Pflegeämter vorhanden waren, wurde diese Aufgabe nicht vom Ge-sundheitsamt durchgeführt.
k) Rauschgift- und Alkohlbekämpfung
Durch enge Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft für Rauschgiftbekämpfung.
l) Krüppelfürsorge
Durchgeführt durch den Landeskrüppelarzt, der verwaltungsmäßig als Hilfsarzt beim Gesund-heitsamt beschäftigt war.
m) Förderung der Körperpflege und Leibesübungen
Die sportärztliche Beratung führte der stellv. Amtsarzt durch, der eine Anerkennung als Sportarzt besaß.
n) Mitgliedschaft im Erbgesundheitsgericht Schwerin
Der Amtsarzt und sein Stellvertreter waren Mitglieder.
o) vertrauensärztliche Tätigkeit
Der Amtsarzt war Vertreter des Sachbearbeiters im Staatsministerium, Abteilung Medizinalange-legenheiten.
p) Gesundheitspolizeiliche Aufsicht
5 öffentliche und 9 nicht öffenliche Anstalten unterstanden dieser Aufsicht (Stand 1935).
q) Aufsicht in den Arbeitsdienstlagern
Dem Gesundheitsamt unterstanden 3 Arbeitsdienstlager mit je 161 Mann Belegstärke (Stand 1935).
I.3. Zusammenarbeit mit Parteidienststellen und anderen Stellen
a) Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV)
- Beteiligung an den Säuglingssprechstunden,
- Vereinbarung über Tätigkeit der NS-Gemeindeschwestern,
b) Amt für Volksgesundheit der NSDAP
-Laufender Briefwechsel über alle Betreuungsverhältnisse
c) Landrat
- Vereinbarung über Tätigkeit der NS-Gemeindeschwestern
I.4. Behördenorganisation
a) Registratur
Die Registratur erfolgte über ein Tagebuch in Buchform. Es bestand eine kleine Bibliothek, die auch die vorgeschriebenen Gesetzblätter und Zeitschriften umfaßte.
b) Listenführung
Es wurden folgende Listen geführt:
- gebundene für Ärzte und Heilpersonal,
- Reisetagebuch,
- Haushaltsüberwachungsliste.
c) Erbkartei und Sippenakten
Angelegt zur Erfassung aller ,,Erbkranker" und das Gesundheitsamt aufsuchende Personen.
- Wohnortkartei (1939; 7.950 Stk.)
- Geburtsortkartei (1939; 3.100 Stk.)
- Sippenakten (1939; 1.245 Stk.)
d) Sonstige
- Gebührenverzeichnis,
- Kassenbuch,
- Postbuch.
I.5. Personalbesetzung
Amtsleiter staatlicher Amtsarzt Dr. Hans Kölzow
Stellv. beamteter Arzt Dr. Ernst-Georg Grote
weitere beamteter Arzt Dr. Richard Pfreimbter
Hilfsärzte nicht vollbeschäftigt Dr. Heinrich Paschen
Dr. Max Raspe
Dr. Annemarie Hugues
Dr. Carl Pöhlmann
Dr. Ernst Roser
med. Hilfspers. Angestellte 3
Büropers. Angestellte 2
Putzfrau nicht vollbesch. 1
Durch Listenführung sind erfaßt (Stand 1935)
Ärzte 77
Zahnärzte 21
Hebammen 33
Gesundheits- und Volkspflegerinnen 10
technische Assistentinnen 1
Krankenpflegepersonal 76
davon als Gemeindeschwestern 15
Säuglingsschwestern 2
Heilgymnastin 1
Desinfektoren 8
Massierer und Heildiener 22
Leichenschauer 5
Dentisten 21
II. Bestandsgeschichte
II.1. Bestandsbildung
Ordnung und Verzeichnung erfolgte von Februar bis Juli 1996. Der Bestand setzt sich aus den Einzelbeständen ,,Gesundheitsamt" und ,,Erbgesundheitsgericht" zusammen und trägt das Kürzel MG (Magistrat Gesundheitsamt). Da die Akten des Erbgesundheitsgerichtes bei den Gesund-heitsämtern lagerten, wurde dieser Zusammenhang beibehalten. Des Weiteren waren der Amts-arzt und sein Stellvertreter Mitglieder des Erbgesundheitsgerichtes.
II.2. Überlieferungslage
Wann und Wie die Übergabe der Akten ins Stadtarchiv erfolgte, ist nicht mehr nachvollziehbar. Ansätze einer Aktenregistratur waren erkennbar. Da kein Aktenplan gefunden wurde, mußte neu geordnet werden.
II.3. archivische Bearbeitung
Nach dem Ordnen und Verzeichnen sind 798 Akteneinheit vorhanden, wobei 220 AE zum Ge-sundheitsamt gehören, und 578 zum Erbgesundheitsgericht. Kassiert wurde nicht. Bei den Akten des Erbgesundheitsgerichtes wurde die alte Registraturordnung nicht nachvollzogen, sondern alphabetisch sortiert.
II.4. Bestandsanalyse
Die Arbeitsweise des Gesundheitsamtes ist gut nachzuvollziehen. Einige Akten des Gesundheits-amtes sind aufgrund der längeren Laufzeit im Bestand "Abteilung Gesundheitswesen" zu finden.
Beim Erbgesundheitsgericht sind lediglich die Prozeßunterlagen vorhanden.
Hinzu kommt, daß sich in einzelnen Akten die Laufzeit bis 1952 erstreckt. Dies liegt daran, daß Unterlagen zur Vorbereitung eines Prozesses gegen die Gerichtsmitglieder, d.h. v.a. Vernehmungen und Gutachten hinzu gelegt wurden.
Laufzeit: 1928-1946 aktualisiert am: 23.11.2021
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