Ariadne

Vorwort
Die Testamente gehören zum Bestand Urkunden Stadtverwaltung. In der systematischen Gliederung dieses Bestandes sind die Testamente unter dem Punkt U 4 Gericht eingeordnet. Die Systematikgruppe Testamente trägt die Bezeichnung U 4e. Auf Grund ihres Umfanges und ihres besonderen Charakters ist diese Quellengruppe getrennt vom Urkundenbestand erschlossen und in die Datenbank aufgenommen worden.    Die städtische Gerichtsverfassung geht auf die Gerichtsordnung von 1586 zurück, die bis in die 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts Gültigkeit behielt. Rostock war durch die Erbverträge von 1573/84 verpflichtet worden, eine Gerichtsordnung zu schaffen und sein gewohnheitsmäßig seit Jahrhunderten gebrauchtes Stadtrecht endlich zu kodifizieren. Das geschah allerdings erst 1757. Gerichtsordnung und Stadtrecht enthalten die wesentlichen Grundlagen der städtischen Justiz. Im 19. Jahrhundert gab es einige Veränderungen, eine Zäsur brachte allerdings erst die Gerichtsgesetzgebung des Deutschen Reiches von 1879.  Von alters her geschah durch das Ratskollegium in seiner Eigenschaft als Obergericht die Publikation der Testamente. Es gab zwei Möglichkeiten des Umgangs mit einem errichteten Testament: Die Testatoren konnten es in die Obhut der Archivarien geben, d.h. der für das Archiv des Rates verantwortlichen Ratsmitglieder. Es wurde im Archiv des Rates deponiert. Dort blieb es, bis der eingetretene Tod des oder bei gemeinschaftlich errichteten Testamenten eines der Testatoren die Publikation erforderlich machte. Danach kam es erneut ins Archiv. Testamente konnten aber auch außerhalb des Ratsarchivs aufbewahrt werden, mussten jedoch in jedem Fall zur Publikation eingereicht werden, wenn der Sterbefall eingetreten war und wurden dann ebenfalls im Archiv aufbewahrt. Für die Testamentpublikation und andere unter die freiwillige Gerichtsbarkeit fallende Sachen wurde die Richterqualität des Rates als Obergericht beansprucht. In persona bildeten zunächst Bürgermeister und "sitzender" Rat das Obergericht, also der mit den laufenden Geschäften betraute Teil des Ratskollegiums. Ab 1629 wurde der Kreis auf die "Deputierten zum Urteilfassen" begrenzt - ein Bürgermeister und zumeist drei bis fünf Ratsherren.  Mit der starken Zunahme des Aktenwesens v.a. im 19. Jahrhundert wuchs auch die aus der Tätigkeit des Obergerichts hervorgegangene Registratur an. Eine Ratsverordnung vom 31. Oktober 1845 wies weiterhin dem Obergericht die Publikation der Testamente zu, und es blieb bei der ständigen Aufbewahrung im Ratsarchiv nach Publikation. Man vertrat die Auffassung, die Testamente seien Urkunden, die für alle Zeiten aufbewahrt werden müssten und nicht zu den laufenden Gerichtsakten genommen werden dürften, da sie dann eines Tages der Kassation zufallen würden. 1858 änderte der Rat zwar für einige Zeit seine Meinung, doch gelangten bis einschließlich 1879 die publizierten Testamente nach Publikationsjahren gesammelt und gebündelt mehr oder weniger regelmäßig ins Archiv.